Newsletter des Landesintegrationrates NRW Nr. 8/2015 vom 4. Dezember 2015
4. Dezember 2015Pressemitteilung des Landesintegrationsrates NRW zum Tag der Muttersprache 2016
18. Februar 2016Pressemitteilung vom 15.01.2016
Der Landesintegrationsrat NRW verurteilt die sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und anderen deutschen Städten auf das Schärfste. „Als politische Vertreter der Migrantinnen und Migranten in Nordrhein-Westfalen sind wir angesichts der teils massiven Gewalt gegen Frauen, die offenbar durch Menschen mit Migrationshintergrund verübt wurde, entsetzt“, sagt Tayfun Keltek, Vorsitzender des Landesintegrationsrates NRW. „Gleichzeitig sehen wir mit großer Sorge, dass diese Vorfälle genutzt werden, um Flüchtlinge und Migranten pauschal zu verurteilen.“
Es ist klar, dass die Taten lückenlos aufgeklärt und die Täter nach dem geltenden Recht verurteilt werden müssen. Dabei darf die ethnische Herkunft der Täter keinen Unterschied machen. Der Großteil der Medien und der Politiker fokussieren auf den kulturellen Background der Täter und suggerieren einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Übergriffen und der Herkunft der Männer. Daraus folgt scheinbar, dass von ausländischen Männern eine erhöhte Gewaltbereitschaft ausgeht. Dabei gibt es nirgendwo eine Kultur, die Gewalt gegen Frauen gutheißt. Außerdem ist statistisch belegt, dass Ausländer nicht mehr Straftaten begehen als Deutsche.
Die Verantwortliche im Vorstand des Landesintegrationsrates für Frauenfragen, Erbil Eren, mahnt an, die Perspektive der Frauen einzunehmen und die Gewalterfahrungen der Opfer in den Fokus zu Rücken: „Es darf nicht sein, dass das Leid der Frauen dafür genutzt wird, einen hysterischen Wettstreit über möglichst harte Strafen und Gesetzesverschärfungen für Ausländer zu führen. Das hilft keiner betroffenen Frau und stigmatisiert alle geflüchteten Männer.“
Auch Ksenija Sakelšek, Flüchtlingsexpertin im Landesintegrationsrat, schließt sich der Forderung an, die Debatte über mögliche Reaktionen auf die Vorfälle zu versachlichen: „Derzeit werden in der Öffentlichkeit hemmungslos Vorurteile und rassistische Denkmuster vom sexualisierten und gewalttätigen Ausländer bedient. Das ist angesichts des Zulaufs rechter Gruppierungen und der Zunahme der gewalttätigen Ausschreitungen gegen Flüchtlinge äußerst gefährlich. Es stellt sich sowohl in Hinblick auf die Silvesternacht, als auch bei den rassistischen Angriffen auf die Flüchtlingsunterkünfte die Frage, ob die Polizei alles tut, um die Menschen zu schützen.“
Für den Landesintegrationsrat NRW steht fest: Die Gesellschaft als Ganzes kann bei dieser aufgeheizten Stimmung, die Flüchtlinge und andere Migranten zu potentiell Kriminellen macht, nur verlieren. Gewinnen tun schon jetzt die Rechten, die sich in ihren rassistischen Ansichten bestärkt fühlen.
Das ist angesichts der bereits erreichten Fortschritte in der Flüchtlingspolitik sehr zu bedauern. Nach den im Herbst 2014 bekannt gewordenen Misshandlungsvorfällen in nordrhein-westfälischen Flüchtlingsunterkünften folgte auf die ersten bestürzten Reaktionen eine besonnene Politik. Ein Perspektivwechsel in der Flüchtlingspolitik, in der das Wohl der schutzsuchenden Menschen im Mittelpunkt steht, wurde in den Flüchtlingsgipfeln der Landesregierung beschlossen und eingeleitet. Parallel dazu entwickelte sich eine bewundernswerte gesellschaftliche Hilfsbereitschaft zur Unterstützung der Flüchtlinge. Dies zeigt wie konstruktiv mit schwerwiegenden Gewalttaten umgegangen werden kann.
Wir müssen nun wieder zu dieser Kultur des Willkommenheißens zurückfinden und uns trotz Rückschlägen nicht beirren lassen. Eren, Sakelšek und Keltek sind sich einig, dass dem Staat jetzt die Aufgabe zukommt, alle Menschen im öffentlichen Raum zu schützen, jegliche Form der Gewalt wirksam zu bekämpfen und die Integrationspolitik für den gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig zu gestalten.