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1. Oktober 2025Informationen für Mitglieder der Ausschüsse für Chancengerechtigkeit und Integration
17. Oktober 2025Pressemitteilung des Landesintegrationsrates NRW vom 16. Oktober 2025
Die gestrige Aussage von Bundeskanzler Merz, es gäbe aufgrund von Migration „ein Problem im Stadtbild“ ist für den Landesintegrationsrat NRW erschütternd.
Zugehörigkeit und soziale Probleme an phänotypische Merkmale zu knüpfen, offenbart ein rassistisches Denkmuster. Solche Worte öffnen Diskursräume für rechtsextreme Ideologien. Sie implizieren, dass Zugehörigkeit zu Deutschland für den Bundeskanzler auf unwissenschaftlichen biologischen Kriterien basiert. Wer diese Unterscheidung trifft, reproduziert – bewusst oder unbewusst – ein Denken in rassifizierten Kategorien. Die Zugehörigkeit zur Gesellschaft wird dann nicht über Lebensmittelpunkt oder gesellschaftliche Teilhabe definiert, sondern über zugeschriebene Herkunft, Aussehen oder Namen. Das ist keine kulturelle, sondern eine ethnische Grenzziehung – eine Ethnisierung von Zugehörigkeit, die an längst überkommen geglaubte Rassevorstellungen erinnert. Solche Vorstellungen dürfen in einer demokratischen, vielfältigen Gesellschaft keinen Platz haben.
Aus diesem Grund darf eine solche Aussage nicht unbeantwortet bleiben. Politische Führung bedeutet Verantwortung – auch sprachliche Verantwortung! Der Landesintegrationsrat fordert daher eine klare öffentliche Entschuldigung des Bundeskanzlers.
„Rund dreißig Prozent der Bevölkerung in Deutschland hat eine internationale Familiengeschichte. Diese Menschen gestalten Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Pflege, Bildung, Verwaltung und Politik. Viele sind hier geboren oder seit Jahrzehnten Teil dieser Gesellschaft. Ihre Lebensleistung wird entwertet, wenn Zugehörigkeit über Hautfarbe oder Herkunft definiert wird“, so der Vorsitzende des Landesintegrationsrates NRW Tayfun Keltek.
Schon im Jahr 1999 stellte die ‚Unabhängige Kommission Zuwanderung‘ fest, dass es sich bei Deutschland aus der damals aktuellen und historischen Perspektive um ein Migrationsland handelt. Bis heute sind die realen Gegebenheiten moderner Migrationsgesellschaft jedoch nicht ausreichend in den öffentlichen Debatten wiederzufinden: sie ist heterogen, dynamisch und von Mobilität und Globalisierung geprägt. Seit vielen Jahrzehnten ist die Vielfalt von Sprachen, Religionen und kulturellen Bezügen gesellschaftliche Normalität.
Stattdessen wird Migration noch immer eher als Störfaktor im System betrachtet, denn als Normalzustand. Dass unsere Gesellschaft maßgeblich von verschiedensten Einwanderungsdynamiken geprägt wurde, ist im Vergleich zu anderen Migrationsgesellschaften noch nicht in der Vorstellung von nationaler Identität verankert. Die Idee, dass sich Deutschsein über „ethnische Zugehörigkeit“ definiert, wurde im Nationalsozialismus stark verfestigt. Diese historische Idee wirkt bis heute nach, wenn über Deutschsein und Integration debattiert wird. Die Aussage des Bundeskanzlers ist bestes Beispiel dafür, dass dies dringend öffentlich aufgearbeitet werden muss. Eine verantwortungsvolle Regierungspolitik benennt Migration als integralen Bestandteil der Gesellschaft und schützt die Zugehörigkeit all jener, die hier leben.