Stellungnahme zum Haushaltsplan Nordrhein-Westfalens
19. November 2019Stellungnahme zum KiBiz
19. November 2019Stellungnahme zu „Kommunalpolitisches Ehrenamt und politische Partizipation stärken Enquetekommission „Subsidiarität und Partizipation. Zur Stärkung der (parlamentarischen) Demokratie im föderalen System aus nordrhein-westfälischer Perspektive“, Einsetzungsbeschluss Drucksache 17/375.
Schriftliche Anhörung zur ungleichen Verteilung von Partizipationschancen
Der Landesintegrationsrat NRW dankt für die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Fragenkatalog der Enquetekommission „Subsidiarität und Partizipation. Zur Stärkung der (parlamentarischen) Demokratie im föderalen System aus nordrhein-westfälischer Perspektive“ vom 19.09.2019. Der Landesintegrationsrat NRW ist der Überzeugung, dass der Fragenkatalog und die in diesem Zusammenhang geplante Anhörung der Enquetekommission bestehende Defizite aufdecken und Lösungsvorschläge bieten können.
Die Gesellschaft in Nordrhein-Westfalen ist geprägt von kultureller und ethnischer Vielfalt. Die Bevölkerung zeichnet sich durch Unterschiede bezüglich der Herkunft, der Religion, der politischen Orientierung sowie der Berufsqualifikation aus. Hinzu kommen weitere Unterscheidungsmerkmale, wie der Aufenthaltsstatus und die Staatsbürgerschaft.
Die vielfältige Gesellschaft stellt Herausforderungen an die Institutionen der repräsentativen Demokratie und ihre Funktionsfähigkeit vor allem auch in der Kommunalverwaltung. Sie ist zweifelsohne auch eine Chance im Hinblick auf mehr kommunalpolitische Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund.
Die Gesellschaft in Nordrhein-Westfalen ist geprägt von kultureller und ethnischer Vielfalt. Die Bevölkerung zeichnet sich durch Unterschiede bezüglich der Herkunft, der Religion, der politischen Orientierung sowie der Berufsqualifikation aus. Hinzu kommen weitere Unterscheidungsmerkmale, wie der Aufenthaltsstatus und die Staatsbürgerschaft.
Die vielfältige Gesellschaft stellt Herausforderungen an die Institutionen der repräsentativen Demokratie und ihre Funktionsfähigkeit vor allem auch in der Kommunalverwaltung. Sie ist zweifelsohne auch eine Chance im Hinblick auf mehr kommunalpolitische Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund.
Die politische Partizipation der Migrantinnen und Migranten findet in der Kommune in den urgewählten Integrationsräten statt. Durch die Kooperation der gewählten Integrationsratsmitglieder auf Augenhöhe mit den Mitgliedern der Ratsfraktionen, werden viele Migrantinnen und Migranten am politischen Willensbildungsprozess in Nordrhein-Westfalen auf kommunaler Ebene beteiligt. Die Integrationsräte sind der einzige Ort, an dem sich Migrantinnen und Migranten, die (noch) nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügen, für ihre politischen Belange engagieren und mit Ratsmitgliedern gemeinsam die Kommunalpolitik gestalten können. Dies entspricht der Idee einer repräsentativen Demokratie.
Ferner hat der Integrationsrat als kommunalpolitisches Gremium aller Personen mit Migrationshintergrund die Aufgabe, ihre besonderen Belange und Interessen zu vertreten. Dies betrifft auch neu zugewanderte Migrantinnen und Migranten wie EU-Bürgerinnen und Bürger sowie anerkannte Flüchtlinge und andere Schutzberechtigte. Sie erlangen über die Integrationsräte zudem einen Einblick und Zugang zu den demokratischen Strukturen unserer Gesellschaft.
Formal haben Migrantinnen und Migranten die Möglichkeit, sich über eine Parteimitgliedschaft im Rat der jeweiligen Stadt und über den Integrationsrat kommunalpolitisch einzubringen. Hier beginnen bereits die Diskrepanzen: Entgegen einzelnen positiven Beispielen muss mit Nachdruck betont werden, dass Migrantinnen und Migranten in Parteien zum einen unterrepräsentiert sind und zum anderen häufig unbeachtet bleiben. Darüber hinaus sind sie im Stadtrat der „Parteirichtlinie“ verpflichtet und haben demnach nicht ausreichend Möglichkeit, auf Belange der Migrantinnen und Migranten einzugehen, wenn diese nicht auf der Agenda der Partei stehen. Damit sind sie weder auf Bundesebene, noch auf Landes- oder Kommunalebene hinreichend repräsentiert.
In politischen Führungspositionen gibt es Menschen mit Migrationshintergrund, die überaus erfolgreich vertreten sind. Auf kommunaler Ebene kann das nicht festgestellt werden. Nur etwa drei Prozent der Politikerinnen und Politiker haben einen Migrationshintergrund.*
Bezugnehmend auf das Engagement in Integrationsräten muss konstatiert werden, dass diese nach der Gemeindeordnung NRW lediglich ein Beratungsrecht besitzen, was sich als Hürde im Hinblick auf die volle Partizipation der Migrantinnen und Migranten auf kommunaler Ebene darstellt. Sie haben demzufolge per se keine Entscheidungskompetenzen und werden nicht als repräsentative demokratische Gremien wahrgenommen.
In diesem Zusammenhang ist es dem Landesintegrationsrat NRW ein wichtiges Anliegen, auf die unzureichende Novellierung der Gemeindeordnung aufmerksam zu machen. Bei der im Jahr 2018 vorgenommenen Überarbeitung wurden neben bestehenden Integrationsräten sogenannte Integrationsausschüsse zugelassen. Hierbei wurde die Möglichkeit einer grundlegenden Veränderung des § 27 GO NRW verpasst. Aus Sicht des Landesintegrationsrates NRW wurden die einheitlichen Rahmenbedingungen für Kommunen abgeschafft.
Bezüglich der politischen Partizipation von gewählten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger im Integrationsrat bestehen weitere Ungleichbehandlungen. Ratsmitglieder erhalten entsprechend der Gemeindeordnung eine Aufwandsentschädigung für ihr politisches Engagement. Diese steht den gewählten Mitgliedern des Integrationsrates nicht zu. Es wäre ein Akt der Wertschätzung ihrer politischen Arbeit, auch ihnen eine angemessene Aufwandsentschädigung zu ermöglichen. Schließlich wird in der Öffentlichkeit von Politikerinnen und Politiker die Bedeutung von Integrationsräten für die Gesellschaft immer wieder betont. Damit derartige Aussagen kein Lippenbekenntnis bleiben, gilt es die Integrationsräte ebenfalls anzuerkennen und sie zu stärken. Das wäre gleichzeitig auch eine Stärkung der parlamentarischen Demokratie in der Kommune.
Die Darstellung von Migrantinnen und Migranten in den Medien ist oftmals negativ, das beeinflusst auch den politischen Alltag und schafft Barrieren für Akzeptanz. Niederschwellige Angebote der Partizipation wären ein erster Schritt. Zum Beispiel könnte die interkulturelle Öffnung aller demokratischen Parteien und deren Gremien für Migrantinnen und Migranten einen wichtigen Ansatz darstellen.
Nach wie vor ist zu verzeichnen, dass Mandatsträgerinnen und Mandatsträger mit Migrationshintergrund explizit zu Fragen hinsichtlich der Integration, Migration, Islam, Islamismus etc. angesprochen werden. Ihnen wird somit die Rolle als Experten in den o. g. Themenfeldern zugeschrieben. Diese einschränkende Zuschreibung hat zur Folge, dass ihre Expertisen in anderen gesellschaftspolitischen Bereichen ignoriert werden. Aus diesem Grund positioniert sich der Landesintegrationsrat NRW entschieden gegen eine derartige Rollenzuschreibung.
Die Ausübung eines kommunalen Mandats erfolgt auf ehrenamtlicher Basis. Das bedeutet gleichzeitig, dass auch die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in Integrationsräten, viel Zeit und Geld zur Ausübung des politischen Mandats investieren müssen. Das integrationspolitische Engagement der Migrantenvertreterinnen und -vertreter in den Kommunen Nordrhein-Westfalens zeugt von der Bedeutung, der sie der politischen Teilhabe von Migrantinnen und Migranten beimessen.
Das vom Landesintegrationsrat NRW präferierte Modell zur Zusammensetzung der Integrationsräte, könnte im Hinblick auf die soziopolitische Integration von Migrantinnen und Migranten eine wichtige Stützte sein. Demnach setzten sich die Integrationsräte zu zwei Dritteln aus gewählten Migrantenvertreterinnen und – vertretern und zu einem Drittel aus entsandten Ratsmitgliedern zusammen. Diese Zusammensetzung hat sich in der politischen Arbeit bewährt und sollte als allgemeingültige Norm in der Gemeindeordnung des Landes NRW festgeschrieben werden.
Das kommunale Wahlrecht zeichnet sich durch seine Bedeutung als eine wichtige Etappe auf dem Weg zur vollen politischen Teilhabe aller Migrantinnen und Migranten in der Bundesrepublik Deutschland aus. In der Kommune wird keine Staatsgewalt ausgeübt. In Anlehnung an die Praxis in diversen europäischen Staaten fordert der Landesintegrationsrat NRW die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für alle Menschen mit Migrationshintergrund, die seit fünf Jahren in Deutschland leben und im wahlfähigen Alter sind. Diese Forderung stößt in Teilen der Politik auf Bundes- und Landesebene oft leider auf Missachtung und Ignoranz. Wie in den Kampagnen des Landesintegrationsrates NRW in 2007-2009 und 2014-2017 dargestellt, wurde dieser politische Wille durch 55 Ratsbeschlüsse von Gemeinden in NRW für das kommunale Wahlrecht für alle abermals betont. Die Notwendigkeit einer Änderung des Grundgesetzes, die mit dieser Forderung einhergeht, stellt kein Hindernis dar. Allein der politische Wille fehlt.
*Vgl. Roth, Winfried, Kaum Vielfalt auf kommunaler Ebene, Beitrag vom 30.01.2017, unter: https://www.deutschlandfunkkultur.de/migranten-in-der-politik-kaum-vielfalt-auf-kommunaler-ebene.1001.de.html?dram:article_id=377629 (letzter Aufruf:17.10.2019).