Vielfalt schätzen – Rassismus ächten!
29. Mai 2018Migrantenvertreter fordern die Stärkung der kommunalen Integrationsräte und kritisieren die Landesregierung scharf
18. Juni 2018Stellungnahme des Landesintegrationsrates NRW zu „Integration strukturiert gestalten – Qualifizierung und Professionalisierung von Migrantenselbstorganisationen weiterentwickeln“ – Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP, 18. April 2018
Einführung
Der Landesintegrationsrat Nordrhein-Westfalen ist das demokratisch legitimierte Vertretungsorgan der im Land Nordrhein-Westfalen nach der geltenden Gemeindeordnung konstituierten Integrationsräte und damit der hier lebenden Migrantinnen und Migranten.
Der Landesintegrationsrat Nordrhein-Westfalen wurde mit dem vom Landtag NRW am 08.02.2012 beschlossenen Teilhabe- und Integrationsgesetz als Vertretung der Migrantinnen und Migranten rechtlich verankert. Gemäß § 10 des Gesetzes hört das Land den Landesintegrationsrat Nordrhein-Westfalen bei der Erfüllung seiner Integrationsaufgaben an.
Mit ihrem Landeszusammenschluss geben sich die Integrationsräte ein Forum, das ihre Interessen und Anliegen aufgreift und dadurch ihre Arbeit vor Ort unterstützt und verbessert.
Als einziger aus Urwahlen der Migrantinnen und Migranten hervorgegangener demokratisch legitimierter Gesprächspartner des Landtags und der Landesregierung ist der Landesintegrationsrat gleichzeitig zentrales Gremium bei der Vertretung der Interessen der Migrantinnen und Migranten im Land Nordrhein-Westfalen.
Der Landesintegrationsrat NRW tritt für die kulturelle, soziale, rechtliche und politische Gleichstellung der im Land lebenden Migrantinnen und Migranten ein, die ihren Lebensmittelpunkt im Land Nordrhein-Westfalen haben. Der Landesintegrationsrat arbeitet mit allen Institutionen und Organisationen zusammen, die sich gleichermaßen an diesen Grundsatz gebunden fühlen. Er ist keiner Partei, sondern nur dem Gemeinwohl verpflichtet. So leistet der Landesintegrationsrat einen wesentlichen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben der zugewanderten und angestammten Menschen in unserem von vielen Kulturen geprägten Nordrhein-Westfalen.
Bedeutung der Migrantenselbstorganisationen
In Nordrhein-Westfalen existieren in 107 Kommunen urgewählte Migrantenvertretungen, die Integrationsräte. Die gewählten Vertreterinnen und Vertreter in den Gremien gehören überwiegend Listen an, die ihren Ursprung bei den Migrantenselbstorganisationen (MSO) haben. Für die politische Beteiligung der Migrantinnen und Migranten sind die MSO ebenfalls von großer Bedeutung.
Die MSO‘ sind zu einem wichtigen Teil unserer Gesellschaft geworden. Sie bilden die Infrastruktur für viele gesellschaftliche und soziale Bereiche. Das ehrenamtliche Engagement in diesen MSO ist für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Sie üben eine Brückenfunktion zwischen der Mehrheits- und Einwandergesellschaft aus und haben den direkten Zugang zu ihnen. Die MSO haben nicht nur einen guten Einblick in die Bedürfnisse und Problembereiche der Migrantinnen und Migranten, sondern genießen auch ihr Vertrauen. In den letzten Jahren haben sich MSO auch den geflüchteten Menschen sehr weit geöffnet. Sie haben sie bei der Orientierung in unserer Gesellschaft begleitet und betreuen diese immer noch. Sie leisten für das Gemeinwohl eine wichtige Aufgabe. Die MSO spielen bei der Integration eine bedeutende Rolle. Allerdings sind ihre Möglichkeiten auf Grund des Ehrenamtes sehr beschränkt. Die ehrenamtliche Arbeit der Mitglieder kann die notwendige professionelle Arbeit von Sozialarbeitern, Begleitern oder anderen hauptamtlichen Personen nicht ersetzen.
Bisher wurden von verschiedenen Stellen Unterstützungsleistungen für MSO angeboten. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sie nicht ausreichend sind. Der Bedarf ist gerade in den letzten Jahren enorm gestiegen. Die Rolle der MSO hat sich seit den 1970er Jahren sehr verändert. Sie fokussieren schon längst nicht mehr die herkunftsorientierten Themen. Ihre Aufgabenfelder konzentrieren sich auf das hiesige Leben der Migrantinnen und Migranten. Sie fördern das friedliche und gleichberechtigte Zusammenleben aller Menschen unserer Gesellschaft. Die Angebote der MSO finden regen Zuspruch. Sie bieten Möglichkeiten, z.B. als Integrationsagenturen oder Flüchtlingsberatungsstellen, an. Auch für jugendliche Zuwanderer/Innen, Frauen und Senioren werden Angebote geschaffen. Sie dienen als Projektträger für viele Integrationsprojekte.
Ferner übernehmen sie Betreuungsaufgaben, insbesondere für Bevölkerungsgruppen, die nicht von traditionellen Strukturen, wie z.B. den Wohlfahrtsverbänden erreicht werden. Deshalb müssen sie gestärkt und als wichtige Partner im Integrationsprozess anerkannt werden. Sie brauchen professionelle Unterstützung bei ihrer täglichen Arbeit, damit sie ihre Arbeit effektiver und zielorientierter gestalten können. Das Fehlen von hauptamtlichen qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verhindert in vielen Tätigkeitsfeldern die Schaffung von neuen Angeboten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt im Hinblick auf die MSO ist, dass sie insgesamt durch Übernahme von Verantwortung zum Abbau von Vorurteilen beitragen. Auf der anderen Seite müssen sie anerkannt und wertgeschätzt werden. Die bisher geleistete Arbeit muss gewürdigt werden. Ihnen muss das Gefühl der Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft vermittelt werden. Ein Ansatz hierzu kann die Unterstützung beispielsweise bei der Qualifizierung und Professionalisierung sein.
Die MSO sind bereit mehr Verantwortung zu übernehmen. Hierzu bedarf es jedoch weiterer Unterstützung. Die Organisationsstrukturen der MSO müssen deshalb professionalisiert werden. Eine punktuelle Projektförderung wird nicht zum Erfolg führen, wenn nicht die Nachhaltigkeit gewährleistet werden kann. Eine einmalige Anschubfinanzierung, z.B. bei der Strukturförderung, ist zunächst zu begrüßen, jedoch muss die dauerhafte Unterstützung sichergestellt werden.
Der Landesintegrationsrat begrüßt den Antrag der CDU und FDP Landtagsfraktionen zur Weiterentwicklung der Qualifizierung und Professionalisierung der MSO.