Der NSU-Prozess geht zu Ende. Landesintegrationsrat NRW fordert unabhängige Wahrheitskommission
11. Juli 2018Flüchtlingspolitik in NRW Appell des Landesintegrationsrates NRW, September 2018
26. September 2018Pressemitteilung vom 7. September 2018
Nachdem Rechtsextreme und -populisten den Mord an einem deutsch-kubanischen Mann zum Vorwand nahmen, um gegen unsere vielfältige und offene Gesellschaft zu hetzen, hat der braune Mob – unterstützt von Hooligans und sogenannten besorgten Bürgern – in Chemnitz zeitweise die Kontrolle über die Straßen übernommen. Am helllichten Tag griffen sie Migranten auf Straßen an. Für kurze Zeit war der Staat machtlos und hatte die Kontrolle verloren. Die für die Durchsetzung von Recht und Ordnung anwesende Polizei in Chemnitz war bei den darauf folgenden Demonstrationen geradezu überfordert und ließ Rechtsextremisten freie Hand, wenn sie den Hitlergruß und andere verbotene Symbole zeigten.
„Diese Ereignisse sind höchst alarmierend und eine Gefahr für unsere Demokratie. Unser Land nimmt daran großen Schaden. Sie zeigen abermals, dass wir bisher nur die Spitze des Eisberges sehen konnten. Sie zeigen, dass der Rassismus tief in der Gesellschaft verankert ist. Offensichtlich sieht sich die rechtsextreme Szene nach dem für die Angeklagten günstigen Ausgang des NSU-Prozesses darin bestärkt, ihre menschenverachtende Gesinnung offensiver und aggressiver zu vertreten. Die Rechtsextremisten sehen sich auch durch die Stimmenzuwächse der populistischen Partei AfD bei diversen Landtagswahlen und bei der Wahl des Bundestages bestätigt. Doch die Politikerinnen und Politiker dürfen in der Hoffnung auf Wählerstimmen nicht rechtspopulistische Positionen übernehmen. Das ist eine selbstgestellte Falle, denn die Wähler neigen immer dazu, ‚das Original‘ zu wählen. Daher kann Nachgeben nicht zum Erfolg führen“, sagt Tayfun Keltek, Vorsitzender des Landesintegrationsrates NRW.
Keltek sieht außerdem die vom Bundesinnenminister Horst Seehofer aufgezwungene Debatte um Flüchtlinge und Migration als zusätzlichen Faktor für die momentan aufgeheizte Stimmung. Er leistet mit seinen migrantenfeindlichen Äußerungen dem Rechtsextremismus Vorschub und diskreditiert die Politik der eigenen Regierung.
Keltek fordert konkrete Maßnahmen: „Es ist notwendig, dass die Zivilgesellschaft durch Förderung ihrer Initiativen und Maßnahmen gegen Rassismus gestärkt wird. Auch die Empfehlungen der Wissenschaft zur Bekämpfung von Rassismus müssen konsequenter als bisher umgesetzt werden.
Von großer Bedeutung ist aber auch, dass sich Gesamt-Deutschland dieses Themas annimmt und sich gegen Rechtsextremismus und -populismus stellt. Dabei spielt die positive Haltung der Politikerinnen und Politiker in Fragen der Einwanderung eine große Rolle bei der gesellschaftlichen Akzeptanz der hier lebenden Migrantinnen und Migranten. Der demokratische Staat darf den Rechtsextremisten nicht schutzlos gegenüberstehen – er muss sich wehren. Daher müssen alle Parteien und Gruppierungen, die die freiheitlich demokratische Grundordnung gefährden, vom Verfassungsschutz beobachtet und gegebenfalls verboten werden.“